Profitables Krankheitswesen

Profitables Krankheitswesen

veröffentlicht am 13. Mai 2017 von Avigan

Dass im Gesundheitswesen immer unverhohlener einzig und allein der Profit von Interesse ist…

… kann nur noch schwerlich übersehen werden.
Verstörend konsequent und geradezu kafkaesk stellt sich das in den Krankenhäusern dar. Die Patienten wie auch die Beschäftigten dieses Systems, bestehend aus großen Gebäuden voller kranker Menschen, teurer technischer Gerätschaften und nicht minder teurer Chemikalien als dem Mittel der Wahl, bewegen sich mittlerweile in einer von Sarkasmus, Erschöpfung und latenter Aggression geprägten Atmosphäre des dauerhaften Notstands.

Eine einfühlsam ausgesuchte Wanddekoration im Wartebereich eines großen Klinikums

Die auf Hilfe angewiesenen Patienten fügen sich notgedrungen, doch mitunter zunehmend auch gewaltbereit gegenüber dem Personal, den rationalisierten Abläufen, die für individuelle Befindlichkeiten keinen Raum vorsehen. So wird denn auch mal eine interne Fortbildung, die dem Personal von Information und Anmeldung angedacht ist, mit dem Titel „Vom Umgang mit Zeitdieben“ versehen.

Empathiefähige und fachkompetente Pflegekräfte, Ärztinnen und Ärzte suchen alsbald das Weite. Zurückbleiben tun diejenigen ohne kurzfristige Perspektive auf eine Alternative und, fatalerweise insbesondere in den Leitungsebenen, resignierte und verrohte Menschen, oft in Besitz einer fachlichen Inkommpetenz von erschreckendem Ausmaß.

Auch als Reaktion der zunehmenden Proteste hat zu Anfang April das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf zur Personalbemessung beschlossen. Die darin enthaltene Bestimmung, dass die Deutsche Krankenhaus Gesellschaft (DKG) und die Kostenträger (Krankenkassen) gemeinsam mit der Umsetzung betraut werden, läßt den Entwurf jedoch nur als einen Täuschungsversuch der Öffentlichkeit dastehen. Genau diese Institutionen haben gerade eben kein Interesse an der dringend notwendigen Aufstockung des Personals. Im Übrigen verdeutlicht die im Entwurf enthaltene Regelung der „finanziellen Abschläge“ bei Nichteinhaltung der „Personaluntergrenzen“ eindrucksvoll den konzeptionellen Geist der Urheber. Die planmäßige Gefährdung der Gesundheit von Patienten und Beschäftigten soll man durch entsprechende Zahlungen ausgleichen und damit legitimieren können.

Die Gewerkschaft ver.di engagiert sich aktuell zu diesem Thema und versucht nach dem Vorbild der Verhandlungsergebnisse in der Berliner Charité (http://www.tagesspiegel.de/berlin/mehr-personal-fuer-berliner-uniklinik-die-charite-schreibt-tarif-geschichte/13518510.html) einen möglichst breiten, neuen Tarifvertrag zu erkämpfen, der eine gesetzlich vorgeschriebene Personalbemessung enthalten soll.

Wollen wir eine Vebesserung der Patientenversorgung und Abschaffung der gesundheitsschädigenden Arbeitsbedingungen im Gesundheitswesen erreichen, ist eine Solidarisierung über bisherige Grenzen (wie z.B. die Berufsgruppen) hinaus erforderlich. Die, von den gegenwärtigen Zuständen profitierende, Pharmaindustrie, Medizintechnik und GKV (Bund der Krankenkassen) sind ganz offensichtlich seit langem Nutznießer eines Systems, das Kranke in ihrer Krankheit beläßt und auf Seiten der Beschäftigten Kranke erzeugt. Eine Veränderung hin zu einer verbesserten personellen Besetzung wird wegen der Fokussierung dieses Krankheitswesens allein auf die Rendite nur gegen einen intensiven Widerstand und daher auch nur mit den entsprechenden Mitteln, wie Streik, zu erreichen sein.

Ver.di hat den „Baden-Württembergischer Appell – Für mehr Krankenhauspersonal“ auf den Weg gebracht. Ausdrucken und Unterschriften sammeln; eine von vielen Möglichkeiten, Stellung zu beziehen und die Veränderung hin zu einer menschlichen, von der ökonomischen Diktatur befreiten Gesellschaft zu unterstützen.

Vor Allem die Bereiche des gesellschaftlichen Gemeinwohls, wie der Infrastruktur, des Gesundheits- und Bildungswesens und der Kultur dürfen nicht weiter der neoliberalen, ungehemmt ökonomistischen Plünderung zum Opfer fallen.

 

 

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